Inklusion

Was ist Inklusion?

Der Begriff „Inklusion stammt aus der lateinischen Sprache (includere) und bedeutet Einbeziehung, Einschluss, Dazugehörigkeit.

Das wesentliche Prinzip ist die Wertschätzung der Diversität, also der Vielfalt und Unterschiedlichkeit, in allen gesellschaftlichen Bereichen. (vgl. Hinz, 2009, 171f.)

Prof. Dr. Andreas Hinz ist Mitglied im Expertenkreis der UNESCO-Kommission und lehrt an der Universität Halle-Wittenberg Allgemeine Rehabilitations- und Integrationspädagogik. Der 54-Jährige hat sich schon früh mit dem Thema Inklusion und der Frage nach dem Umgang mit Unterschieden befasst: Auf einem Stiftungsgelände für gemischtes Wohnen in Hamburg groß geworden, widmete er sich als Zivildienstleistender gezielt Kindern mit schwerstmehrfacher Behinderung und sehr hohem Pflegebedarf. Nach verschiedenen internationalen Forschungsprojekten zur praktischen Umsetzung von Inklusion hat er den "Index für Inklusion" in Deutschland eingeführt – ein Instrument für die inklusive Schulentwicklung. Derzeit ist Prof. Dr. Hinz im Fachbeirat der Montag-Stiftung Jugend und Gesellschaft und entwickelt mit dieser zusammen den "Kommunalen Index für Inklusion".

Mehr Informationen unter www.inklusionspaedagogik.de

 

Im „Handlexikon der Behindertenpädagogik“ definiert Andreas Hinz (2006, 97-99) den Ansatz der Inklusion als

„…allgemeinpädagogische(n) Ansatz, der auf der Basis von Bürgerrechten argumentiert, sich gegen jede gesellschaftliche Marginalisierung wendet und somit allen Menschen das gleiche volle Recht auf individuelle Entwicklung und soziale Teilhabe ungeachtet ihrer persönlichen Unterstützungsbedürfnisse zugesichert sehen will.“

Als Kennzeichen einer sich neu gestaltenden Gesellschaft ist Inklusion darauf bedacht, die bisher vermittelte Ungleichheit zwischen den Menschen aufzuheben.

„Inklusion umfasst alle Dimensionen von Heterogenität. (Hinz, 2006, 4)

Es ist zu betonen, dass Inklusion erst dann verwirklicht werden kann, wenn sich die Einstellung der Gesellschaft  ändert. Die Verwirklichung von Inklusion beginnt mit der Einstellung in den Köpfen der Menschen. Die Vision einer inklusiven Gesellschaft setzt die Einbeziehung und Gleichberechtigung aller Menschen in allen Lebensbereichen voraus. Eine große politische Herausforderung besteht darin, im Sinne von Inklusion niemanden aus gesellschaftlichen Regelstrukturen auszugrenzen, Barrieren abzubauen und den Zugang zu allen sozialen Institutionen zu ermöglichen.

  

Walter Krög (2005) :

„Inklusion beinhaltet die Vision einer Gesellschaft, in der alle Mitglieder in allen Bereichen selbstverständlich teilnehmen können und die Bedürfnisse aller Mitglieder ebenso selbstverständlich berücksichtigt werden.“

„Inklusion bedeutet davon auszugehen, dass alle Menschen unterschiedlich sind und dass jede Person mitgestalten und mitbestimmen darf. Es soll nicht darum gehen, bestimmte Gruppen an die Gesellschaft anzupassen.“

 

Abgrenzung zum Begriff der „Integration“

Bei der Integration geht es um die Eingliederung von bisher ausgeschlossenen Personen in eine bestehende Gruppe. Bei der Inklusion geht es vielmehr um die grundsätzliche Anerkennung von Unterschiedlichkeiten und den Abbau von Barrieren jeglicher Art.

Nach Ulrich Niehoff (2011)bedeutet Inklusion die NICHT-AUSGRENZUNG.

„Wenn Bürger nicht ausgegrenzt werden, müssen sie nicht integriert werden.“

 

Politische Ausgangssituation, Gesetze und Handlungsfelder der Inklusion

Die Bundesrepublik Deutschland hat sich national und international für die Stärkung und Förderung der Teilhabe behinderter Menschen eingesetzt und zählt zu den ersten Staaten, die die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen unterzeichnet hat. Die UN- Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung wurde Ende 2006 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen (UN) verabschiedet. Eine Konvention kann als Übereinkommen verstanden werden, welche von Menschen und Staaten einvernehmlich eingehalten wird. Unterstützt  wird die UN-Konvention von 153 Ländern der Welt, inklusive Deutschland, und haben sich mit der Unterzeichnung dazu verpflichtet, diese umzusetzen.

Im Dezember 2008 wurde das Gesetz zur Ratifikation des „Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen“ von Bundestag und Bundesrat verabschiedet, so dass die Behindertenrechtskonvention seit dem 26. März 2009 für Deutschland verbindlich ist. Nach Artikel 4 der Konvention haben sich Bund und Länder verpflichtet,

 

  • die Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen sicherzustellen,

  • Benachteiligungen zu verhindern und

  • zweckentsprechende Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstige Maßnahmen zu treffen, um die    Vorgaben der Konvention zu realisieren.

 

Darüber hinaus sind die Vertragsstaaten dazu verpflichtet, auf nationaler Ebene eine unabhängige Stelle zur Förderung und Überwachung des Übereinkommens zu bestimmen oder zu schaffen (Monitoring-Stelle). In Deutschland wurde das Deutsche Institut für Menschenrechte e.V. in Berlin mit dieser Aufgabe betraut.

 

Neue gesetzliche Vorschriften haben die Rahmenbedingungen in der Behindertenpolitik im letzten Jahrzehnt erheblich verbessert.  Dazu zählt das moderne Leistungssystem für Menschen mit Behinderungen als auch die fortschreitende barrierefreie Umgestaltung auf der Grundlage der Behindertenrechtskonvention. Diese unterstützen Menschen mit Behinderungen dabei ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.

Die UN-Behindertenrechtskonvention gibt Deutschland neue Impulse, um das System der umfassenden Teilhabe für Menschen mit Behinderungen weiter zu stärken und auszubauen. Die Regierungsparteien Deutschlands haben sich in ihrem Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2009 darauf geeinigt, einen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention zu entwickeln. Der Nationale Aktionsplan wurde am 15. Juni 2011 vom Bundeskabinett beschlossen und enthält über 200 Maßnahmen, die sich nun in der Umsetzung befinden. (Vgl. www.einfachteilhben.de/SharedDocs/Downloads/DE/UN_BRK/2011_08_03_staatenbericht.pdf;jsessionid=6760E93

BAEDE13FA674B3C2D39892FDA.1_cid146?__blob=publicationFile)

 

Übersicht über bedeutende politische Beschlüsse (Gesetze) und Entwicklungen 

1994: Aufnahme des Benachteiligungsverbots im Grundgesetz (GG)

  • Beginn des Paradigmenwechsels in der Behindertenpolitik

"Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden." (Art. 3, Abs. 3 Satz 2 GG).

2001:    

Einführung des Gesetzbuchs für die Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – das Neunte Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX)3

  • Erstmalig sind die Aufgaben der verschiedenen Rehabilitationsträger in einem Gesetz festgelegt bzw. zusammengeführt worden. Dies erleichtert den Zugang der Bürgerinnen und Bürgerinnen und Bürgern zu Rehabilitations- und Teilhabeleistungen. Durch verbesserte Verfahrensvorschriften können Antragstellerinnen und Antragsteller die ihnen zustehenden Leistungen schneller erhalten.

http://www.behindertenbeauftragter.de/DE/Themen/RechtlicheGrundlagen/SGBIX/SGBIX_node.html)

2002:

Verabschiedung des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) 4

Kernstück des Behindertengleichstellungsgesetzes ist die Herstellung einer umfassenden Barrierefreiheit. Sie wird im § 4 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen (BGG) beschrieben:

 

„Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für behinderte Menschen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.“

 

Im Einzelnen bedeutet das:

Gestaltete Lebensbereiche

Alles, was von Menschen gestaltet wird, sollte auf Barrierefreiheit ausgerichtet sein. So sollte es Menschen mit Behinderung nicht nur möglich sein, z.B. problemlos alle  Gebäude und Wege zu  benutzen, sondern z.B. auch Automaten, Handys oder Internetseiten. Nicht dazu gehören natürliche Lebensbereiche, z.B. ein Wald, ein Sandstrand, eine Felswand. Sobald der Mensch jedoch gestaltend eingreift, kann wieder für Barrierefreiheit gesorgt werden, z.B. in Form eines Waldweges, eines Bootssteges oder einer Seilbahn.

 

Zugänglich und nutzbar

Eine Einrichtung muss nicht nur (z.B. stufenlos mit dem Rollstuhl) erreicht werden, sondern auch sinnvoll genutzt werden können (z.B. indem Informationen auch für sinnesbeeinträchtigte Menschen verfügbar sind).

 

In der allgemein üblichen Weise

Ist beispielsweise. der Vordereingang nicht für Menschen im Rollstuhl nutzbar und werden diese auf einen Hintereingang verwiesen, ist der Zugang nicht „in der allgemein üblichen Weise“ gewährleistet.

 

Ohne besondere Erschwernis

Zugang und Nutzung sollen für behinderte Menschen ohne komplizierte Vorkehrungen möglich sein, z.B. ohne langwierige vorherige Anmeldung oder Beantragung.

 

Grundsätzlich ohne fremde Hilfe

Es ist immer die Lösung zu wählen, mit der möglichst viele behinderte Menschen eine Einrichtung allein nutzen können.

Beispiele:

  • Ein blinder Mensch kann ein Gerät mit Hilfe einer akustischen Ausgabe allein bedienen,
  • eine Rollstuhlfahrerin kann einen Ort selbst erreichen und muss nicht getragen oder geschoben werden.

Ist dies wegen der Art der Behinderung oder der Art des Angebotes nicht möglich, so ist Barrierefreiheit nur dann gegeben, wenn der Anbieter die notwendige Hilfe bereitstellt (beispielsweise Bedienung der mobilen Rampe eines Busses) bzw. der Mensch mit Behinderung die notwendigen Hilfsmittel oder Assistenzpersonen (z.B. Blindenführhund, Dolmetscher) mitnehmen und einsetzen darf. (http://www.behindertenbeauftragter.de/DE/Themen/Barrierefreiheit/WasistBarrierefreiheit/

WasistBarrierefreiheit_node.html)

 

2006:

Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) 6

  • Das Gesetz schützt Menschen im Arbeitsleben und Zivilrechtsverkehr vor Diskriminierungen nicht nur aufgrund einer Behinderung, sondern auch aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Identität.

 

Verabschiedung der Behindertenrechtskonvention durch die Vereinten Nationen

 

2009:    

Unterzeichnung des Gesetzes zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention

durch Bundestag und Bundesrat

Die Unterzeichner verpflichten sich dabei, die Gesetzgebungs- und Verwaltungsmaßnahmen in ihrem Land so zu verändern, dass folgende Aspekte Berücksichtigung finden:

  • Rechte hinsichtlich allgemeiner Barrierefreiheit
  • Rechte im Kampf gegen Freiheitsentzug, Ausbeutung, Gewalt und Missbrauch
  • Rechte bezüglich einer unabhängigen Lebensführung
  • Rechte auf die gleiche Anerkennung vor Recht und Gesetz
  • Rechte auf Gesundheit, Rehabilitation und Arbeit
  • Rechte auf Bildung und Erziehung

 

Zentrale Ziele der UN-Behindertenrechtskonvention:

Teilhabe, Selbstbestimmung und uneingeschränkte Gleichstellung für alle Menschen

Volle Teilhabe im Sinne der Konvention heißt, dass Menschen mit jeglicher Behinderung überall und immer am gesellschaftlichen und politischen Leben teilhaben können und selbstbestimmt ihren Platz in der Gesellschaft einnehmen.

 

Handlungsfelder der Inklusion:

Allgemeine Barrierefreiheit, Bildung, Freizeit, Wohnen, Schutz vor Diskriminierung und Gewalt

 

Inklusion in 80 Sekunden erklärt

 

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